Wie reagieren, wenn es in der Praxis emotional wird?

Kommunikation

Dienstag, 13.04.2021

Was im Umgang mit schwierigen Patienten hilft

Emotionen sind menschlich – auch in der Arztpraxis. Ein bewusster Umgang mit den Gefühlen des Gegenübers hilft, kritische Situationen zu […]

Umgang mit schwierigen Patienten in der Arztpraxis

Emotionen sind menschlich – auch in der Arztpraxis. Ein bewusster Umgang mit den Gefühlen des Gegenübers hilft, kritische Situationen zu meistern.

Täglich kommen die unterschiedlichsten Menschen mit verschiedensten Anliegen in die Praxis. Und ihre Gefühle nehmen sie gleich mit: Viele haben Schmerzen oder fühlen sich unwohl, manche sind gestresst, einige verängstigt, andere haben schlechte Laune. Doch Gefühle sind auch auf der anderen Seite zu finden: Ärztinnen, Ärzte und MPA tragen ihre Emotionen ebenso mit. Sie sind vielleicht unter Zeitdruck, müde oder gerade etwas dünnhäutig. Im oftmals hektischen Praxis-Alltag können so leicht schwierige Situationen entstehen.

Negative Gefühle als Auslöser

Ob Wut, Frust, Angst oder Überforderung – hinter einem als schwierig empfundenen Verhalten stecken negative Emotionen. Wir nehmen Menschen als schwierig wahr, wenn sie uns emotionsgeladen gegenübertreten. Und manchmal löst auch das Verhalten einer Person negative Gefühle bei uns selbst aus.

Eigene Emotionen beeinflussen Wahrnehmung

Wann wir eine Patientin oder einen Patienten als schwierig empfinden, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Der eigene Charakter und das momentane Befinden, die konkrete Situation, aber auch die Reaktion des Umfelds sind entscheidend. Ebenfalls eine Rolle spielt, wie wir die Gefühle des Gegenübers bewerten: Können wir die negativen Äusserungen nachvollziehen? Erachten wir die Emotionen als berechtigt? Oder nehmen wir diese nicht ernst?

Perspektive wechseln

Um negativem Verhalten zu begegnen, braucht es Empathie: Wer die Perspektive des Gegenübers wahrnimmt, kann ein schwieriges Verhalten oft besser nachvollziehen.

  • Versetzen Sie sich in die Lage der Patientin/des Patienten.
  • Versuchen Sie zu verstehen, welches Bedürfnis hinter den negativen Emotionen steckt.
  • Fragen Sie nach den Interessen Ihres Gegenübers.
  • Können Sie diese erfüllen? Oder gibt es eine Alternative, die Sie vorschlagen könnten?

Schwierige Situationen entschärfen

Wir sind negativen Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert – sondern können den Verlauf einer unangenehmen Situation steuern.

  • Bleiben Sie sachlich.
  • Trennen Sie Emotionen und Gesprächsthema klar – und fokussieren Sie sich auf das Thema.
  • Machen Sie Anstand und Respekt zum Thema.
  • Thematisieren Sie den respektvollen, konstruktiven Umgang miteinander – auch bei Differenzen. Bleiben Sie selbst höflich und optimistisch.
  • Bereiten Sie sich auf notorisch schwierige Personen vor: Planen Sie bei diesen mehr Zeit ein.

So reagieren Sie am besten auf schwierige Personen

  • Lassen Sie die Patientin/den Patienten ausreden und hören Sie zu. Ihr Gegenüber fühlt sich dadurch ernst genommen. Das hilft, negative Emotionen abzubauen.
  • Zeigen Sie Verständnis: Benennen Sie die Gefühle, die Sie beim Gegenüber wahrnehmen.
  • Lenken Sie das Gespräch auf die Sachebene: Führen Sie die Person weg von den Gefühlen. Reden Sie konkret über das gewünschte Thema. Erklären Sie gegebenenfalls Ihre Position.
  • Bieten Sie eine Lösung an: Zeigen Sie einen Ausweg aus der Situation oder führen Sie eine Entscheidung herbei. Manchmal ist es sinnvoll, Bedenkzeit anzubieten.

Aus unangenehmen Situationen lernen

Vielleicht verhielt ein Patient zwar am Telefon verletzend, im Sprechzimmer erlebten Sie ihn dann aber als zugänglich und freundlich. Oder eine langjährige Patientin verhielt sich plötzlich überraschend respektlos. Oft ist eine Person nicht grundsätzlich schwierig. Es ist deshalb umso wichtiger, Ihre Erfahrungen mit schwierigen Patientinnen und Patienten im Praxis-Team zu besprechen.

  • Analysieren Sie unangenehme Situationen im Nachhinein mit dem Praxis-Team und versuchen Sie, daraus gemeinsam für die Zukunft zu lernen.
  • Gestalten Sie einfache Richtlinien, wie Sie sich gegenüber herausfordernden Personen verhalten.
  • Definieren Sie als Praxis-Team die Grenzen des Zumutbaren – und die Konsequenzen im Falle einer Überschreitung.
  • Besprechen Sie im Team Sicherheitsmassnahmen für bedrohliche Situationen.
  • Überlegen Sie bei einer wiederholt schwierigen, besonders aggressiven oder verletzenden Person, die Behandlung abzubrechen.

Der offene, konstruktive Austausch im Team über herausfordernde Erlebnisse hilft bei der Verarbeitung. Sie können gegenseitig voneinander lernen – und gemeinsam Massnahmen treffen, um in herausfordernden Situationen künftig souveräner zu reagieren.

Daniel Hotz ist Betriebsökonom/EMBA und Inhaber der Beratungsfirma proVIT GmbH – Praxismanagement für Ärzte, MPK und MPA in Lenzburg. Sein Fachgebiet ist die Beratung und Begleitung zu Aufbau, Führung und Optimierung von Einzelpraxen und Ärztezentren in Form von Mandaten, Coachings, Workshops und Seminaren. Daneben ist Hotz als Autor von MPA/MPK Lehrmitteln und als Fachdozent an höheren Fachschulen tätig.