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Montag, 07.01.2019

Von der Arztgehilfin zur MPA – im Wandel der Zeit

Eine erfahrene MPA erzählt, wie sich die Berufswelt der medizinischen Praxisassistentin verändert hat.

Von der Arztgehilfin zur MPA – im Wandel der Zeit

Im meinem letzten Blog ging es um die Bedeutsamkeit des Humankapitals für einen Betrieb. Um der Bedeutung des Humankapitals noch mehr Gewicht zu verleihen, möchte ich gerne eine erfahrene MPA zu Wort kommen lassen, welche bereits seit Jahrzehnten für verschiedene Arztpraxen als MPA gearbeitet hat. Seit mehr als 23 Jahren arbeitet sie in derselben Praxis. Eine solch lange Betriebszugehörigkeit ist in der heutigen Zeit eher ungewöhnlich. Ich habe darum ein paar spannende Fragen an diese erfahrene MPA gestellt und interessante Antworten erhalten.

Wann hast Du Deine Ausbildung zur MPA, damals noch Arztgehilfin genannt, abgeschlossen?

1976 habe ich meine Ausbildung zur medizinischen Praxisassistentin abgeschlossen.

Wie war der Arbeitsmarkt zu jener Zeit?

Damals war dieser Beruf angesehener als heute. Es war eine sehr beliebte Ausbildung und ausgeschriebene Stellen waren rar. Vor allem in den Grossstädten gab es so gut wie keine freien Stellenangebote.

In welchen Fachgebieten hast Du gearbeitet?

Bei einem Internisten habe ich meine praktische Ausbildung genossen. Danach war ich für eine allgemein medizinische und zuletzt für eine gynäkologische Praxis tätig.

Verhältnis Arzt/Ärztin zur MPA, wie hat sich dieses verändert?

Es ist sicher auch immer abhängig vom Arzt/von der Ärztin, wie das Verhältnis ist. Was ich dazu sagen kann, ist, dass die Begegnung heute eher auf Augenhöhe stattfindet. Früher haben sich die Ärzte häufig als Gott in Weiss betrachtet. Dies hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert und meiner Meinung nach darum auch verbessert.

Was hat sich im Tagesablauf der Praxis in den letzten 20 Jahren verändert?

Grundsätzlich nicht sehr viel. Die Arbeiten blieben mehr oder weniger dieselben, lediglich die Abläufe haben sich infolge der Digitalisierung verändert. Was sich jedoch stark verschlechtert hat, ist die Zuverlässigkeit der Patienten. Die Patienten sind in der heutigen Zeit viel unpünktlicher oder erscheinen oftmals gar nicht. Dies gab es vor 20 Jahren so gut wie nie.

Sind die Ansprüche und Wünsche der Patienten spürbar anders als zu Beginn Deiner Karriere?

Ja sehr! Die Erwartungshaltung ist sehr hoch. Alles muss sofort erledigt werden. Es wird erwartet, dass man am besten am selben Tag einen Termin bekommt, sei es auch nur für eine Vorsorgeuntersuchung. Wenn dieser Wunsch nicht erfüllt werden kann, muss man sich schon mal Beschimpfungen gefallen lassen. Die Hemmschwelle ist in den letzten Jahren sehr gesunken.

Warum bist Du in all den Jahren in dieser Praxis geblieben?

Ich hatte davor vieles ausprobiert, auch ausserhalb meines Berufes. Es gab schon hin und wieder Gedanken an einen Wechsel. Mich haben jedoch die Patientenkontakte am Arbeitsort gehalten. Mit den Jahren kennt man die Patienten und Geschichten, was mir immer sehr viel bedeutet hat. Und je älter man wird, umso mehr braucht man die Konstanz im Beruf.

Der Praxisalltag wird heute mit Hilfe technischer Mittel unterstützt. Empfindest Du diese Unterstützung als Erleichterung? Kannst Du Beispiele geben?

Es haben beide Seiten ihr Positives wie auch Negatives. Wenn das System nicht funktioniert oder der PC abstürzt, ist man aufgeschmissen. Die Fehlerquelle ist mit der Digitalisierung auch gestiegen, jedoch vermisse ich das «KG-Suchen» gar nicht.

Ärzte geniessen in ihrer Ausbildung leider keine betriebswirtschaftlichen oder führungstechnischen Fächer. Siehst Du das als Nachteil?

Ja, eigentlich schon. Es ist jedoch immer vom Charakter des Arztes abhängig. Was sich in all den Jahren nicht verändert/gebessert hat, ist das Streben nach Geld im Beruf. Das Geld steht leider noch immer sehr im Vordergrund, oftmals auch vor dem Patientenwohl!

Was möchtest Du den Ärzten mit auf den Weg geben, damit auch andere Praxen ihre MPA lange an die Praxis binden können und beide Seiten an ihrer Arbeit Freude haben?

Ein wichtiger Punkt ist das Verhältnis zu Pflegen. Nicht immer den Verdienst in den Vordergrund stellen, sondern auch den Dank und das Lob nicht vergessen. Nicht alles als selbstverständlich ansehen. Versprechungen einhalten und die Angestellten auch mal mit einer Geste überraschen. Das Schlimmste finde ich, wenn man ständig kontrolliert wird, denn das kann das Vertrauen zerstören.

Vielen Dank an M.H. für die ehrlichen und ausführlichen Antworten.

Zur Verfasserin: Eine leidenschaftliche MPA mit Management­ausbildung im NBW (Netzwerk für betriebs­wirtschaftliche Weiter­bildung), in erster Linie aber Mutter zweier Mädchen, die nebenbei den Online­shop yabee.ch (Best 4 Family) betreibt.