Praxis-Organisation

Mittwoch, 31.01.2018

Praxis­organisation oder die Organisation in der Praxis

Die MPA übernimmt immer mehr Verantwortung in der Praxis­organisation.

Praxisorganisation oder die Organisation in der Praxis

Mit der Zunahme von Praxiszusammenschlüssen, der Entstehung von neuen Gruppenpraxen und Ärztezentren, aber auch innerhalb bestehender Einzelpraxen, übernimmt die MPA immer mehr Verantwortung in der Praxisorganisation. Durch Weiterbildungsangebote wie «Medizinische Praxiskoordinatorin» oder Ausbildungen für leitende MPA sind sie vermehrt in der Führungsverantwortung und damit massgebend an der Strukturierung der Praxisabläufe beteiligt. In der Folge werden einige Themen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr mit einer «Praxisbrille» erläutert.

Mögliche Themenbereiche, die es zu organisieren gilt

Infrastruktur

  • Wie ist die Raumanordnung und wie sind die Wege?
  • In welcher Form werden welche Räume genutzt?
  • Welche Geräte, Materialien, Unterlagen müssen in den einzelnen Räumen vorhanden sein?
  • Mit welchen Informatikprodukten wird gearbeitet und für welche Bereiche werden diese genutzt?

 

Sprechstundenorganisation

  • Wie wird die Agenda geplant?
  • Wie werden die Mitarbeitenden geplant, heisst, wie sieht die Arbeitsplanung aus?
  • In welchen «Funktionen» arbeiten die MPA?
  • Wie werden sonstige Aufgaben verteilt (Ämtli wie Apotheke, Geräte, Bestellungen u.ä)?

 

Führungsstruktur

  • In welcher Organisationsstruktur wird gearbeitet (Organigramm)?
  • In welcher Form sind Stellenbeschreibungen, Pflichtenhefte für die einzelnen Funktionen vorhanden?
  • Wie funktioniert das «Personalwesen», die Begleitung des Personals?

 

Kommunikationsstruktur

  • In welchen Gefässen und mit welchen Verantwortungen wird miteinander kommuniziert?
  • Wie funktioniert die Kommunikation «gegen aussen»?

 

Qualität

  • Mit welchen Grundlagenpapieren wird gearbeitet (Standards, Merkblätter, Guidelines) und wie sind diese zugänglich?
  • Wie werden diese aktuell gehalten, bzw. wie werden neuen Themen erfasst?
  • Wie wird Qualität grundsätzlich «überprüft»?

 

Infrastruktur

Es hilft Klarheit zu haben, ob Räume multifunktional oder pro Person eingerichtet sind und wo die Standorte von Geräten und Hilfsmitteln Sinn macht. Dabei gilt es für alle Beteiligten, die Wege möglichst effizient und kurz zu halten. Wenn die Rolle der MPA gestärkt werden soll, brauchen sie einen eigenen Raum (Beratungen, Infusionen, Injektionen, spezielle Untersuchungen u.ä.).

Welche Software, mit welcher Absicht verwendet wird, braucht gründliche Überlegungen. Zu oft werden diese nur einseitig, völlig unvollständig genutzt. Persönliche Absprachen sind wichtig, aber die kluge Nutzung von elektronischem Informationsaustausch kann den Praxisalltag bedeutend ruhiger werden lassen.

Sprechstundenorganisation

Bei der Agendaplanung muss der Sprechstundentakt (Sprechstundeneinheit in Minuten) und die freigelassenen Notfalltermine berücksichtigen. Eine gute Planung der Raumressourcen gehört dazu. Hilfreich ist, wenn einheitliche Regeln bestehen und nicht für jeden ärztlichen Mitarbeitenden andere Voraussetzungen gelten. Die gewünschten Öffnungszeiten und Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten spielen dabei eine Rolle. «Wollen wir Schichtbetrieb, Abendsprechstunden anbieten, haben wir am Samstag geöffnet?»

Entsprechend wird danach das Personal geplant. Hier gilt es, den Stellenschlüssel so zu berechnen, dass alle Ferienabsenzen ohne Unterbesetzung gewährleistet werden können. Meist kann ein Plan über alle Monate im Jahr verwendet werden, natürlich mit Anpassungen bezüglich der Abwesenheiten. In grösseren Praxen macht es zudem Sinn zu überlegen, in welchen Funktionen, heisst gebündelten Aufgaben, die MPA arbeiten: Empfang, Labor/Röntgen, Telefon, Berichte schreiben, Springerin u.ä. In welcher Häufigkeit eine Rotation der einzelnen MPA in den verschiedenen Funktionen geschieht, sollte ebenfalls besprochen sein.

Führungsstruktur

Ist klar, wer der Chef, die Chefin ist und welches seine bzw. ihre Aufgaben sind? Je nach Grösse sollte eine Person von ärztlicher Seite her, eine Person MPA-seitig, bei Bedarf mit klar geregelten Stellvertretungen die leitenden Ansprechpersonen sein. Das Führungsgremium braucht Zeit für Sitzungen, Absprachen, um im Alltag rasch auf anfallende Themen reagieren, bzw. die Zukunft planen zu können. Es unterstützt den Ablauf, wenn für alle Mitarbeitenden Stellenbeschreibungen bestehen.

Unter dem Personalwesen werden Aspekte wie Regeln für Mitarbeitende (zum Beispiel Umgang mit Pausen, Überzeit), der Umgang mit Mitarbeitergesprächen, die Entwicklung von Mitarbeitenden durch Weiterbildung, Vorgehen bei Ein- und Austritt von Mitarbeitenden verstanden. Je klarer diese Punkte geregelt und verschriftlicht sind, umso weniger unnötige Diskussionen gibt es im Alltag.

Kommunikationsstruktur

Je grösser das Team ist, umso konkreter muss der Informationsaustausch organisiert werden. Was in der Einzelpraxis noch zwischen «Tür und Angel» funktioniert, braucht in einer Gruppenpraxis eine gewisse Struktur: Welche Sitzungen, mit wem, in welchem Rhythmus, sind unterstützend und nicht zu aufwändig? Wer darf zu welchen Themen mitdiskutieren, wer entscheidet am Schluss, wie werden Entscheide kommuniziert. Sind weitere Fragen, welche in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt werden.

Der «Auftritt gegen aussen» (zum Beispiel Website, Informationen für die Bevölkerung) sollte nicht vergessen werden. Kennen die Patientinnen und Patienten das Angebot, die Möglichkeiten und Grenzen der Praxis? Das liebe Telefon, der Umgang mit Linien, Warteschlaufen, Telefonbeantwortern gibt Anlass zu viel Diskussionen. Hierzu eine breit abgestützte Regelung zu schaffen, hilft für Klarheit im Arbeitsalltag.

Qualität

Das gesunde Mass für den Einsatz von Merkblättern, welche auch genutzt werden, ist nicht immer ganz einfach. Gut eingesetzte Standards, welche aktuell gehalten werden, vereinfachen jedoch die Arbeit in jedem Fall. Auch hier gilt: Je «einheitlicher» die Ärztinnen und Ärzte arbeiten, umso effizienter wird die Umsetzung.

Gewisse Ärztenetzwerke stellen Patienteninformationsbroschüren zur Verfügung; vielleicht sind solche auch praxisintern vorhanden. Überlegungen zu Patientenbefragung, Umgang mit CIRS, Zwischenfällen oder Zertifizierung der Praxis gehören auch zum Thema «Qualität». (Multiprofessionelle) Fallbesprechungen stärken die Fachkompetenz und das Verständnis für Patientsituationen.

Und zum Schluss

Es ist noch kein Organisationsmeister und keine Organisationsmeisterin vom Himmel gefallen. Lassen Sie sich helfen, fragen Sie Kolleginnen und Kollegen aus anderen Praxen, üben Sie die Umsetzung von Abmachungen, passen Sie diese bei Bedarf an, und vor allem: Reden Sie miteinander. Vielleicht entstehen griffige Lösungen auch bei einem Kaffee oder Feierabendgetränk.