Praxis-Organisation

Montag, 09.10.2017

Musik in der Arztpraxis? Was meinen Sie dazu?

Man hört vermehrt, dass in Arzt­praxen über «Entspannungs­musik» diskutiert wird. Wollen wir das?

musik arztpraxis

Wir alle kennen die «anregende» Atmosphäre in jungen Mode-Shops: Aus überdimensionierten Lautsprechern werden die neuesten Hits als dichter Klangteppich über die wehrlosen Konsumenten ausgelegt. Nun hört man vermehrt, dass auch in Arztpraxen über «Entspannungsmusik» diskutiert wird. Wollen wir das?

Zugegeben: Die Wartezimmer in manchen Arztpraxen wirken weder anregend noch beruhigend. Die ausgelegten Zeitschriften sind teilweise nicht mehr aktuell und wirken oft zerlesen. Vereinzelt werden in Dispensern Fachpublikationen der Pharmaindustrie oder Flyer zur medizinischen Fachrichtung angeboten.

Musik im Wartezimmer

Die Absicht ist gut: Die Mediziner und MPA wollen die wartenden Patienten mit geeigneter Musik beruhigen und etwas Ablenkung bieten. Ruhige Kompositionen im Ruhepuls-Rhythmus von 60 Schlägen pro Minute eignen sich für einen solchen Einsatz. So ist die sinfonische Dichtung «Die Moldau» von Friedrich Smetana beruhigend und mehrheitsfähig.

Aber genau da scheiden sich die Geister: Musikgeschmack ist ausgeprägt altersabhängig. Es gibt zwar Praxen und Spezialärzte mit einem relativ klaren Altersprofil ihrer Patienten. So dürfte «Die Moldau» für die Patienten bei einem Spezialarzt für Urologie nicht schlecht passen. Was soll aber ein Kinderarzt abspielen? Der musikalische Geschmack bei jüngeren Patienten ist jedenfalls erst recht eine Herausforderung. Wie lautet doch der schöne Aphorismus von Wilhelm Busch: «Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden!»

Video-Bildschirm als Alternative

Auch in der Schweiz kann man sie vermehrt beobachten: Grosse Bildschirme für das «Wartezimmer-Fernsehen». Hier sind Themenfelder denkbar, welche über den Gesundheitsbereich hinausgehen.

  • Vorstellung der Praxis oder Klinik
  • Teamvorstellung, Behandlungsmethoden
  • Fitness- oder Wellness-Videos

Bei Videos ist allerdings zu bedenken, dass der gezeigte Inhalt periodisch aktualisiert werden muss, was Kosten nach sich ziehen dürfte. Der Verfasser besucht eine Zahnärztin, welche im Sichtwinkel der Patienten – also im Behandlungsraum – einen grossen Flatscreen an der Wand montiert hat, auf welchem langsam Schweizer Landschaftsbilder swissview.com vorbeiziehen.

Zusammenfassung

Patienten sind Individualisten mit ganz unterschiedlichem Musikgeschmack. Die Gefahr, dass eine abgespielte Tonkonserve eher ärgert als beruhigt, ist erheblich. Darum raten wir von Musik in der Praxis ab. Die visuelle Alternative, wie das erwähnte Swissview, dürfte überwiegend als angenehme Alternative wahrgenommen werden.

Und last but not least: Die MPA ist gebeten, von Zeit zu Zeit einen kritischen Blick ins Wartezimmer zu werfen und alten Lesestoff zu entsorgen.

Musik in der Arztpraxis – was meinen Sie dazu?

Musik in der Arztpraxis