Kommunikation zwischen künftigen Praxispartnern
Wenn sich zwei oder mehr Ärzte oder Ärztinnen für eine Gemeinschaftspraxis zusammenschliessen möchten, sollten im Vorfeld eine ganze Reihe von Fragen und Überlegungen auf den Tisch gelegt werden.
Wenn sich zwei oder mehr Ärzte oder Ärztinnen für eine Gemeinschaftspraxis zusammenschliessen möchten, sollten im Vorfeld eine ganze Reihe von Fragen und Überlegungen auf den Tisch gelegt werden. Zum einen stellen sich finanzielle Fragen, zum anderen können psychologische Aspekte die Praxisharmonie stören. Vielleicht können Sie als MPA einen Beitrag zu den Antworten beisteuern. Vielfach sind es ja gerade Frauen, die es wagen, heikle Punkte anzusprechen…
Fast wie in einer Ehe
Anfänglich sind die Partner motiviert und begeistert, rücksichtsvoll und charmant, optimistisch und hilfsbereit. Doch nach einigen Jahren treten Streitpunkte auf, welche die Beziehung belasten können. Bei der Bildung einer Gemeinschaftspraxis ist es häufig so, dass sich ein älterer, etablierter Arzt mit einem jüngeren Mediziner verbinden will. Allein schon dieser Altersunterschied und in der medizinischen sowie technologischen Erfahrung kann sich auf Dauer in Konflikten äussern.
Ein paar Knackpunkte aus dem Leben:
Investitionsbereitschaft
Der jüngere Kollege – er kommt aus dem Spital – ist sich klar darüber, dass investiert werden muss (leistungsfähige IT und MedTech-Geräte, moderne Praxis-Einrichtung, Schulung des Personals). Der ältere Arzt hat sein Leben lang schon genug investiert und denkt, dass die bisherigen Geräte den Dienst weiterhin erfüllen können.
Medizinische Philosophie
Ein Beteiligter ist überzeugter Vertreter der Schulmedizin. Der neue, jüngere Partner ist dagegen ein Anhänger der Komplementärmedizin und alternativer Heilmittel. Da kann man sich die medizinphilosophischen Streitgespräche lebhaft vorstellen.
Belastungsgrenze im Praxisbetrieb
Einer der Beteiligten wünscht alle zehn Minuten einen neuen Patienten. Der andere dagegen ist ein Anhänger des ausführlichen Patientengesprächs, Tarmed hin oder her! In der Agenda soll also je Patient mindestens eine halbe Stunde eingeschrieben werden.
Loyalitätskonflikte im Praxisteam
Einer der Praxispartner kennt das MPA-Team bereits aus seiner bisherigen Tätigkeit und vereinnahmt es für sich. Der «Neue» dagegen kann sich mit seinen Vorstellungen nicht durchsetzen und kann das Team nicht zu neuen Prozessen bewegen oder vom Einsatz neuer Technologien überzeugen.
Führungsansprüche der Beteiligten
Der «Neue» tritt laut, voller Dynamik und Überzeugungskraft auf. Damit dominiert er das Geschehen in der Praxisgemeinschaft. Der bisherige Praxisinhaber pflegt eher die leiseren Töne und ist Anhänger einer kooperativen Arbeitsweise mit Einbezug des gesamten Teams.
Wenn die liebe Verwandschaft auch mitmischen will
Traditionsgemäss war die Gemahlin des bisherigen Alleinarztes für die Finanzen der Praxis zuständig und ein Neffe hat die Webseite gepflegt. Der neu dazu gestossene Arzt bzw. die neue Ärztin würde dagegen den Einsatz eines neutralen Treuhänders und einer unabhängigen IT-Fachperson bevorzugen. Solche Konstellationen können grosse Konfliktpotenziale beinhalten.
Beizug einer neutralen Fachperson lohnt sich
Das Engagement einer erfahrenen Beratungsfirma ist sehr empfehlenswert. Die Evaluation einer solchen Beratung sollte durch die Beteiligten einer neuen Praxisgemeinschaft gemeinsam erfolgen. Dadurch können spätere Diskussionen vermieden werden. Die teuerste Lösung wäre, auf Fachberatung zu verzichten und zu riskieren, dass sich die Partner bald wieder trennen.
Gespräche vor dem Vertragsabschluss
Für die Gründung einer Gemeinschaftspraxis und zur Vorbereitung des Eintrages als AG oder GmbH in das Schweizerische Handelsregister ist auf jeden Fall ein erfahrener Treuhänder oder Rechtsberater beizuziehen. Diesem obliegt es auch, einen detaillierten und umfassenden Gesellschaftsvertrag auszuarbeiten.
Genau so wichtig sind aber vertiefende Gespräche mit dem künftigen Praxispartner oder der Praxispartnerin. Nehmen Sie sich Zeit dazu! Vielleicht tritt im Rahmen dieser vorbereitender Diskussionen ein unangenehmes Bauchgefühl auf. Vielleicht ergibt sich bei einem Besuch die Möglichkeit, in der bereits bestehenden Praxis die Stimmung zu prüfen:
- Welches Klima herrscht im Praxisteam?
- Wie ist der Umgangston mit den Patienten?
- Wie kommuniziert der Arzt oder die Ärztin mit den MPA?
- Wie wirken Empfang, Wartezimmer und Sprechzimmer (Ordnung, Blumenschmuck)?
Die Zusammenarbeit in einer Gemeinschaftspraxis bietet den Beteiligten ideale Möglichkeiten, sich beruflich individuell zu entfalten und sich zeitliche Freiräume zu schaffen. Damit die Zusammenarbeit nicht zur Belastung wird, sind viele Fragen im Einzelnen zu regeln, denn der Teufel liegt bekanntlich im Detail.