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Donnerstag, 13.02.2020

Digital unterstützte Selbstdiagnose – Chance oder neue Gefahr?

Infolge der unterdessen weiten Verbreitung mobiler Endgeräte ergeben sich neue Möglichkeiten und Potenziale hinsichtlich der Medizin der Zukunft und der Gesundheitsfürsorge.

Digital unterstützte Selbstdiagnose - Chance oder neue Gefahr?

Vor kurzer Zeit war ich an einem spannenden Vortrag über die Entwicklung im Gesundheitswesen und der Erschliessung neuer Märkte mit dem Schwerpunkt «Einflüsse des fortschreitenden technischen Wandels auf die digitalen Dienste im Gesundheitswesen». Infolge der unterdessen weiten Verbreitung mobiler Endgeräte im Privatbereich, wie zum Beispiel Smartphones mit technologisch weit entwickelten Monitoren, ergeben sich neue Möglichkeiten und Potenziale hinsichtlich der Medizin der Zukunft und der Gesundheitsfürsorge.

Fündige Unternehmen haben das Potenzial erkannt und sind bereits an der Vermarktung cleverer Gadgets und Applikationen, so zum Beispiel für die Aufbereitung und Darstellung biometrischer Daten oder Angaben zum persönlichen Fitnesszustand. Der Fortschritt geht so weit, dass es bereits Geräte im Kleinstformat für den Privatgebrauch gibt, welche an ein Smartphone gekoppelt werden können und für spezifische Selbstdiagnosen zur Anwendung kommen. Als Beispiel sind Ultraschallgeräte oder Otoskope zu erwähnen. Mit diesen Hilfsmitteln wird es in Zukunft möglich sein, im privaten Rahmen Symptome eigenständig, ohne Anwesenheit eines Arztes, zu diagnostizieren, Blut- oder Augendruckmessungen vorzunehmen oder gar EKGs zu schreiben und mithilfe des Smartphones auszuwerten. Das Selbstmanagement und die Selbstüberwachung können damit von zu Hause aus erfolgen und je besser diese Anwendungen werden, desto eher ergeben sich Chancen aus diesen Gadgets; natürlich immer vorausgesetzt, diese werden von den Behörden freigegeben und sind auf dem Markt frei erhältlich.

Interesse an eigener Gesundheit wecken

Die Chancen dieser Entwicklung liegen auf der Hand: der zeitaufwändige Arztbesuch kann eher erspart werden und personenbezogene Daten können mit geringem Aufwand in einer hohen Quantität erfasst werden, unabhängig davon, wo sich eine Person gerade befindet. Mit einer erhöhten Datengrundlage wird die Dokumentation des persönlichen Gesundheitszustands breiter und somit genauer, Abweichungen über die Zeit oder Fehlentwicklungen, also eigentliche Symptome, werden für gewisse Gesundheitsgefahren früh erkennbar. Nicht zuletzt wird mit dem Einsatz oben erwähnter Hilfsmittel das Interesse an der eigenen Gesundheit geweckt, vor allem, da die Affinität kommender Generation für die mobilen Geräte zunimmt und Zeitreserven immer knapper werden. Die Motivation, seinen Lebensstil bei negativen Abweichungen anzupassen, steigt und das Selbstmanagement der eigenen Gesundheit wird zum Thema. Und werden, die Datenschutzbestimmungen einmal ausgeblendet, die gesammelten Daten den Ärzten zur Verfügung gestellt, haben diese einen erweiterten Einblick in den Gesundheitszustand ihrer Patienten.

Menschliche Komponente sind unverzichtbar

Die Gefahren solcher Selbstdiagnosen liegen ebenfalls auf der Hand. Einerseits werden über solche Hilfsmittel Gesundheitsdaten einer Person gesammelt und gespeichert, welche vor Angriffen nicht genug geschützt sind. Die Gefahr eines Missbrauchs der sensitiven Daten ist gross, da es viele Interessenten für solche Daten gibt. Die externen Angriffe auf mobile Endgeräte und die Cloud nehmen zu, das Einrichten von Firewalls (regelt den Datenverkehr von aussen (Internet) nach innen (Praxisnetzwerk)) erfolgt häufig träge. Andererseits bieten die Gadgets und Applikationen nur Daten, die Interpretation und Erkenntnisse daraus liefern diese nur in ungenügender Form. Für solche Expertisen braucht es Fachkräfte, welche bei Bedarf auch die richtige Behandlung in die Wege leiten. Schliesslich braucht es beim Auftreten von Abweichungen zum Normalbild die menschliche Komponente, um psychischen Folgen einer Interpretation, wie zum Beispiel dem Aufkommen von Ängsten, zu begegnen. Auch pflegerische Komponenten können die Hilfsmittel nicht ersetzen.

Digitale Hilfsmittel für frühzeitige Erkennung von Krankheiten

Zusammenfassend ist die digital unterstützte, persönliche und somit individuelle Selbstdiagnose zu begrüssen, dies jedoch nur für einen eingeschränkten Teil der medizinischen Daten. Die Hilfsmittel dienen zur Datenaufbereitung und Datensammlung mit entsprechenden visuellen Effekten, mit dem Ziel, die eigene Gesundheit zu überwachen, potentielle Krankheiten frühzeitig zu erkennen und so die Arzt-Patienten-Beziehung auf die Interpretation und die fokussierte Betreuung zu reduzieren. Das Gesundheitswesen muss seinerseits Bereitschaft zeigen, mit diesen neuartigen Mitteln zu arbeiten und die IT-Experten sind im Besonderen gefordert, die Daten zu schützen, was nur mit einem Auf- und Ausbau der entsprechenden Ressourcen mit dem notwendigen Know-how möglich sein wird. Nur so kann das Vertrauen in die Gadgets und Applikationen gefördert werden.

Zur Verfasserin: Eine leidenschaftliche MPA mit Management­ausbildung im NBW (Netzwerk für betriebs­wirtschaftliche Weiter­bildung), in erster Linie aber Mutter zweier Mädchen, die nebenbei den Online­shop yabee.ch (Best 4 Family) betreibt.