Praxis-Organisation

Montag, 03.12.2018

Das Humankapital einer Praxis – Herausforderungen und Ansätze

Kapital ist eines der wichtigsten Bestandteile jeder Firma, so auch einer Arztpraxis. Die Angestellten einer Praxis sind wichtiger Bestandteil dieses Kapitals, denn ohne sie hätte die Firma keine Existenzgrundlage für das wirtschaftliche Bestehen.

Das Humankapital einer Praxis – Herausforderungen und Ansätze

Kapital ist eines der wichtigsten Bestandteile jeder Firma, so auch einer Arztpraxis. Die Angestellten einer Praxis sind wichtiger Bestandteil dieses Kapitals, denn ohne sie hätte die Firma keine Existenzgrundlage für das wirtschaftliche Bestehen. Dieses wichtige Kapital nennt man Humankapital und hat strategisch eine sehr hohe Bedeutung. Wird das Humankapital vernachlässigt, zeigen sich die negativen Effekte aus dieser Vernachlässigung sehr schnell, sei es infolge einer hohen Fluktuationsrate, Demotivation oder tiefer Mitarbeiterproduktivität. Es gilt, dieses zerbrechliche Kapital zu pflegen und mit geeigneten Massnahmen an das Unternehmen zu binden.

Schneller Stellenwechsel

In vielen Praxen ist die Schnelllebigkeit hinsichtlich der Betriebszugehörigkeit häufig Realität, welcher Beachtung geschenkt werden muss. Die Zeitspanne, in welcher ein Arbeitnehmer beim gleichen Arbeitgeber arbeitet, wird immer kürzer. Für den Arbeitgeber resultieren aus einem Abgang hohe Kosten und neue Risiken. Die Kosten fallen für Entlassung, Personalsuche und Neuanstellung sowie Einarbeitung des neuen Personals an. Ein Personalabgang hat immer einen Know-how-Verlust zur Folge. Dass vakante Stellen schnell wieder mit gleichwertigen Mitarbeitenden besetzt werden können, ist nicht garantiert. Das Risiko, dass infolge des Fachpersonalmangels freie Stellen unbesetzt bleiben, ist gross. Gerade in pflegerischen oder medizinisch-administrativen Berufen ist die Nachfrage nach qualifiziertem Personal sehr viel grösser als das tatsächliche Angebot.

Finanzielle Unterstützung bei Ausbildungen

Doch wie ist dieser Problematik zu begegnen, damit das Humankapital nicht zu sehr Schaden nimmt? Für den Beruf der MPA gilt folgendes:

Von politischer Seite ist die Erkenntnis gewachsen, dass aktiv eingegriffen werden muss, um die Gefahr unbesetzter Stellen zu mindern und dem Mangel an Fachpersonal entgegenzuwirken. Hierzu hat der Bund im letzten Jahr entschieden, die Ausbildung zur/zum med. Praxiskoordinator/in (MPK) mit finanziellen Mitteln zu unterstützen. Mit diesem Anreizsystem soll die Attraktivität des Berufsbildes gesteigert werden. Leider fehlt aber ein starkes und aktives Werben für dieses Berufsfeld, welches auch zum Ziel hat, jungen Menschen diesen Beruf näher zu bringen und das negative Image zu beseitigen.

Steigerung des Lohnes steigert die Attraktivität

Das Problem ist jedoch mit diesem Schritt alleine nicht zu beheben. Es braucht noch weitere Anstrengungen, vor allem hinsichtlich eines Ausbaus der Anstellungsbedingungen. Denn die Anspruchshaltung an die MPA nimmt zu. Es findet einen Wandel hin zu einem Profilbild mit Allrounderfähigkeiten statt. So werden administrative, buchhalterische, medizinische, kundenorientierte oder beratende Tätigkeiten von einer Person erledigt. Diese Vielfalt stellt hohe Ansprüche an eine MPA, was den Ausbildungshintergrund oder auch die soziale Kompetenz betrifft. Die Lohnentwicklung oder die Lohnzusatzleistungen müssen aber höher angesetzt werden. Nur damit gelingt es, finanziell den erhöhten Ansprüchen gerecht zu werden und somit die Attraktivität des Berufsbildes, auch für männliche MPA, zu steigern.

Neuausrichtung der Pensa

Eine weitere Möglichkeit besteht in einer bewusst gesteuerten, flexiblen Arbeitseinsatzplanung. Da der Beruf der MPA mehrheitlich ein Frauenberuf ist, ist das Angebot an potenziellen Mitarbeitern, welche eine Arbeitsstelle mit Teilzeitpensum suchen, nicht zu vernachlässigen. Gerade für grössere Arztpraxen ist es denkbar, ein Pool an Mitarbeitenden mit tiefen Pensa aufzubauen. Mit diesem Pool können Schwankungen und Ausfälle flexibler abgefangen werden, sodass ein solches Modell auch betriebswirtschaftlich Sinn macht. Die Realität der Stelleninserate zeigt aber, dass weit mehr als die Hälfte aller Inserenten ein Pensum über 80 % suchen. Mit einer Neuausrichtung durch tiefere Pensa kann dem Mangel zumindest teilweise entgegengesteuert werden.

Unterstützung bei Weiterbildung

Der hohen Fluktuation in den Betrieben kann auch mit Wertschätzung und Massnahmen zur Bindung der Mitarbeitenden an den Betrieb entgegengewirkt werden. Als Beispiel dient die Unterstützung der MPA bei einer Weiterbildung. Aus dieser Massnahme ergeben sich Vorteile für den Mitarbeitenden (Zusatzwissen) sowie auch für den Betrieb (erweitertes Aufgabengebiet, Allrounder, zeitliche Bindung durch Vertrag). Hierzu kann auch bereits visionär gehandelt werden. Eine Ausbildung, welche die Digitalisierung der Abläufe beinhaltet, kann einen Betrieb entscheidend voranbringen. Weitere Mitarbeiterbindungsmassnahmen sind zum Beispiel ein rotierendes Aufgabensystem (die Aufgaben wechseln zwischen den Mitarbeitenden und in zeitlichen Abständen) oder zeitgerechte Anstellungsbedingungen.

Der Beruf der MPA wird auch in Zukunft vielfältiger sein und der Umgang mit technischen Hilfsmitteln wird verstärkt in den Fokus rücken. Digitale Prozesse werden schnell Einfluss in das Praxisleben haben. Es ist wichtig, dass dieser Aspekt nicht vergessen geht und die entsprechenden Massnahmen frühzeitig getroffen werden.

Zur Verfasserin: Eine leidenschaftliche MPA mit Management­ausbildung im NBW (Netzwerk für betriebs­wirtschaftliche Weiter­bildung), in erster Linie aber Mutter zweier Mädchen, die nebenbei den Online­shop yabee.ch (Best 4 Family) betreibt.